Monday, August 25, 2014

Das hässliche Entlein


Ich habe ein Lieblingsmärchen und das ist "Das hässliche Entlein" von Hans Christian Andersen. 

Ich habe dieses Märchen schon als Kind geliebt, aber seit ich weiss, wieviel Weisheit für Suchtbetroffene darin steckt, mag ich es noch viel mehr. 

Auch Anita Johnston nimmt dieses Märchen als Metapher in ihrem empfehlenswerten Buch "Die Frau, die im Mondlicht ass" auf (ich habe euch das Buch hier vorgestellt).

Wie oft habe ich während den Jahren meiner Esssucht so gefühlt und gedacht wie das hässliche Entlein. Nie war ich dünn und beliebt genug, um mich zugehörig zu fühlen. 
Von klein auf habe ich mich mit anderen verglichen. Aber natürlich nicht mit denen, die mir ähnlich waren. Nein, es waren die zierlichen Model-Elfen oder die reichen und edlen Adelsfamilien-Sprösslinge aus der BUNTEN und der GALA. 
Die Ansprüche an mich selbst waren unerreichbar hoch. Und so konnte ich meine selbstgesteckten Ziele auch nie erreichen. Ich wollte eine Ente sein, aber habe in den Spiegel geschaut und sah eben nur den viel zu langen Schnabel und das bräunliche Wuschel-Fell. 

Ich musste also dünner werden, mich stärker anstrengen, erfolgreicher sein als die anderen Enten, damit ich endlich gesehen und als Ente anerkannt wurde. Und so kämpfte ich mein Leben lang. Schneller, höher, weiter. 
Zwischendurch schaute ich in den Spiegel und immer noch war der Schnabel zu lang und die Fellfarbe nicht die gewünschte. 
Ich sah nur mein eigenes Versagen. Und tröstete mich mit Zucker und Soulfood. 

Ich hatte nicht realisiert, dass ich mittlerweile alles in meinem Leben erreicht hatte, was sich eine Ente so sehr wünscht: Ich hatte einen guten Abschluss, ein stolzes und edles Auftreten nach aussen. Ich hatte einen Titel und eine Kader-Position. Ich hatte alle Plätze der Reichen und Schönen gesehen und zwischen ihnen gefeiert. 
Ich hatte einen Traummann, der mir die Welt zu Füssen legte und lebte in einem Luxus-Land, das weltberühmt ist für seine hohe Lebensqualität und seine Sicherheit. 
Ich aber war so mit meinem Spiegelbild beschäftigt, dass ich gar nicht merkte, dass ich bereits alles erreicht hatte, was eine Ente sich erträumen kann. 
Nur glücklich war ich nicht, weil ich das alles nicht wahrnahm, mein Spiegelbild sprach ja eine ganz andere Sprache. 

Jetzt, hier und heute, nach meiner Genesung, während der ich erkannt habe, dass ich einzigartig bin und in meiner Schwanhaftigkeit perfekt bin, so wie ich bin, kann ich das alles endlich geniessen und mein Leben als das ansehen, was es ist: einfach perfekt - für mich und das, was ich bin und für das ich geboren wurde.

Ich habe mich voll und ganz als Schwan angenommen und plötzlich passt alles und ich zwänge mich nicht in Enten-Schubladen, die mir eh viel zu klein sind. Ich bin ein stolzer Schwan, der die Menschen am Ufer glücklich machen kann, wenn er seine Runden dreht und sich nicht bei den Enten im Schilf versteckt und Trübsal bläst. 

Ich weiss, ich kann glücklich sein und dieser Welt ein Lächeln schenken, denn genau dafür bin ich da. Als Schwan, nicht als Ente.

Und die Welt lächelt jeden einzigen Tag zurück, seit ich mich nicht mehr verstecke und ihr als mein eigentliches Ich entgegentrete. 


Ihr lieben Schwäne da draussen, ihr könnt die Welt zu einem glücklicheren Ort machen! Aber dafür müsst ihr stolz eure Köpfe aus dem Wasser strecken und euch bewusst sein, dass ihr als Schwäne einzigartig seid. 

Liebe Grüsse, 
Carina 

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